Finanzgericht Düsseldorf zur Steuerentlastung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG, insb. den zweierlei Zwecken eines Energieerzeugnisses 

Die Steuerentlastung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG gewährt eine vollständige Steuerentlastung von nachweislich versteuerten Energieerzeugnissen, die von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S.v. § 2 Nr. 3 StromStG gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Kraft- oder Heizstoff verheizt worden sind. Man spricht auch von sog. Dual-Use Prozessen. Ihre europarechtliche Grundlage findet diese Steuerentlastung in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b) erster und zweiter Anstrich der RL 2003/96/EG (Energiesteuerrichtlinie). Hiernach sind Energieerzeugnisse, die unter diese Ausnahme fallen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen und die Entscheidung über eine Versteuerung, Steuerfreiheit oder auch Steuerentlastung somit den Mitgliedstaaten überlassen. 

In dem der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2019 (4 K 2688/17 V) zugrundeliegenden Sachverhalt wird durch die Klägerin ein Kohlemahlwerk zur Herstellung von Kohlestaub durch Mahlen und Trocknen von Kohle betrieben. Während des Produktionsprozesses wird Erdgas verheizt. Das dabei entstehende Rauchgas wird sodann unter Zuführung von Bürden heruntergekühlt, wodurch ein inertes Prozessgas entsteht, das einer Explosionsgefahr der Anlage entgegenwirkt. Der von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG geforderte doppelte Verwendungszweck des Energieerzeugnisses war nach Auffassung der Klägerin neben dem Verheizen in der Herstellung des Prozessgases zu sehen, für das das entstehende Rauchgas aufgrund seiner inerten Eigenschaften entscheidend war. Nur durch die Herstellung des Prozessgases könne einer Explosionsgefahr in der Anlage entgegengewirkt und so das Endprodukt Kohlestaub hergestellt werden. 

Demgegenüber sah das Hauptzollamt den Hauptzweck des verheizten Erdgases nicht in der Herstellung des Prozessgases, sondern in der Produktion von Wärme. Das anfallende Rauchgas sei nach Ansicht des HZA lediglich ein Abfallprodukt, welches genutzt werde. Auch könne die erforderliche Inertisierung ebenfalls durch Eindüsen von Stickstoff erreicht werden. Das HZA lehnte daher das Vorliegen eines doppelten Verwendungszwecks i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG ab. 

Das FG Düsseldorf folgt der Auffassung der Klägerin und bestätigt den zweierlei Verwendungszweck des Erdgases i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG durch das Verheizen und die Herstellung des Prozessgases. 

In seinen Entscheidungsgründen führt das FG aus, dass die Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG im Lichte des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b) erster und zweiter Anstrich der RL 2003/96/EG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH auszulegen sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 2. Oktober 2014 C-426/12, Rz. 24 f.) kann ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, zweierlei Verwendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz einer Substanz durchgeführt werden kann, von der feststeht, dass sie nur durch Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann. Kennzeichnend für das Vorliegen des zweierlei Zwecks sei mithin, dass das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern auch zur Herstellung eines Stoffes verwendet wird, der für die Herstellung eines Produkts innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird. Auf die Rang- oder Reihenfolge der Verwendungszwecke komme es nicht an. Ist hingegen das bei der Verbrennung entstehende Gas nicht das zur Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis, sondern lediglich ein genutzter Rückstand dieses Prozesses, liege kein doppelter Verwendungszweck vor. 

Das FG führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass der EuGH in seinem oben genannten Urteil die Maßstäbe für einen doppelten Verwendungszweck vorgibt, ohne dabei darauf abzustellen, dass an Stelle des durch die Verbrennung erzeugten Gases auch ein anderer Stoff treten kann (sog. Substituierbarkeit). Etwas anderes folge auch nicht aus dem EuGH-Beschluss vom 17. Dezember 2015, C-529/14. Nach Ansicht des FG geht der EuGH in seinen bisherigen Entscheidungen nicht auf eine den doppelten Verwendungszweck ausschließende Substituierbarkeit ein, sondern verlangt lediglich, dass der maßgebende Stoff im Produktionsprozess, wie im Urteilsfall, eindeutig auf das eingesetzte Energieerzeugnis zurückzuführen ist. 

Weiterhin führt das FG aus, dass sich der ihm vorliegende Fall von bisher in Deutschland getroffenen Entscheidungen dahingehend unterscheide, dass es der Klägerin gerade auf die Herstellung des Rauchgases durch Verbrennung des Erdgases und Herstellung des Prozessgases als maßgebenden Zwischenschritt zur Fertigung des Endprodukts ankam, es wurde mithin nicht bloß ein Abfallprodukt weiterverwertet.

Die Entscheidung des FG Düsseldorf zeigt, dass eine Inanspruchnahme der Entlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG trotz oftmals restriktiver Anwendung durch die Zollverwaltung durchaus möglich ist, soweit die durch den EuGH aufgestellten Grundsätze erfüllt sind. 

Unternehmen, für die eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) EnergieStG in Betracht kommt, sollten daher ihre innerbetrieblichen Abläufe erneut einer Prüfung unterziehen. 

Sprechen Sie uns gerne an! 

Ansprechpartner: Helge Schmidt 

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